Wir wollen wieder einmal das Äquivalenzprinzip verwenden, um dieses Phänomen aufzuzeigen.
In einer frei fallenden Kabine wird ein Lichtstrahl von einer Wand zur anderen geschickt. Natürlich passiert
nichts Außergewöhnliches (siehe Bild). Insbesondere gilt dies auch in einem Zimmer, das in Erdnähe frei fällt.
Wie beurteilt nun ein Beobachter am Erdboden diese Situation?
Er sieht das Zimmer fallen. Und mit dem Zimmer fällt auch der Lichtstrahl, der das Zimmer durchquert. Der
Beobachter darf also schließen, dass auch Licht fällt.
Wie können das Äquivalenzprinzip aber auch zur näheren Berechnung der Lichtablenkung heranziehen.
Wir wollen einen Lichtstrahl betrachten, der sich um den Durchmesser der Sonne (also 2·R) an der Sonne
vorbeibewegt (erste Vereinfachung).
Packen wir ihn in Gedanken in eine frei fallende Kabine, so erkennen
wir, dass er auf dieser Strecke in einer Art Wurfparabel abgelenkt wird.
Es geht nun darum die Gleichung
dieser Wurfparabel zu finden.
Als zweite Vereinfachung nehmen wir an, dass über die gesamte Strecke hin die Feldstärke g (die sogenannte
"Schwerebeschleunigung") konstant bleibt.
Wie sich zeigen wird, heben sich beide Vereinfachungen gerade so auf, dass das korrekte Resultat folgt.
Wir wollen uns deshalb an dieser Stelle eine detaillierte Rechnung ersparen.
Der Lichtstrahl kommt in der Zeit t um die Strecke x = c·t voran, in dieser Zeit fällt der Lichtstrahl um die Höhe , mit der äquivalenten Beschleunigung g der Kabine.
Ausgedrückt in der Variablen x:
wobei g ausgedrückt wurde durch die Gravitationskonstante , die Sonnenmasse M und den Radius der Sonne R (quadriert).
Die (sehr kleine) Ablenkung ist dann gegeben durch die Ableitung der Funktion h(x) an der Stelle x = 2·R, also durch:
ist der eingangs schon erwähnte Schwarzschildradius (vgl. Bemerkungen zu Kapitel 1).
Als Ergebnis erhalten wir so eine eine Ablenkung von 0,875 Bogensekunden. Dieser Wert war schon vor Einstein berechnet
worden und ist halb so groß wie der tatsächliche, experimentell feststellbare Wert.