Lesungstext Auslegung zu Mt 3,1-10
(Wortgottesdienst mit Bußfeier im Advent 2013)

Aus-Kehren, Um-Kehren, Ein-Kehren
Das ist - wie schon gesagt wurde - das Thema des heutigen Wortgottesdienstes.


Aus-Kehren, Um-Kehren, Ein-Kehren
Diese Bewegung finden wir auch im heutigen Evangelium.
Die Menschen "kehren aus", hinaus ihren Wohnungen und Häusern, aus ihrer gewohnten Umgebung "von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend", wie es im Evangelium heißt,  hinunter zum Fluss, dem Jordan, zu Johannes dem Täufer.
Die Menschen kehren um, indem sie ihre Schuld bekennen.
Und die Menschen kehren ein in das Neue, indem sie sich taufen lassen und sich dadurch bereit machen für das Einkehren in das nahende Himmelreich.
"Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe", so ruft ihnen Johannes zu.

Was bewegt die Menschen dazu, zu Johannes dem Täufer zu kommen?
Diese Menschen kommen zu Johannes, weil sie Orientierung und Rat suchen. In den weiteren Zeilen des Evangeliums, die heute nicht gelesen wurden, kommen selbst die Zöllner und die Soldaten zu Johannes. Und fragen ihn, was sie tun sollen.
Und Johannes antwortet ganz auf der Linie der 10 Gebote: Betrügt nicht, lügt nicht, übervorteilt niemanden – und teilt das miteinander, was ihr habt.
Diese Menschen kommen aus einer verunsicherten Gesellschaft, die immer mehr auseinanderfällt, in oben und unten, in reich und arm, in Gewinner und Verlierer. Auf der einen Seite die Reichen und Mächtigen, die sich ihrer Verantwortung entziehen, für sie zählt nur das Eigene. Besitz. Reichtum. Macht.
Auf der anderen Seite bedrücken viele Armut und Schulden. Arbeitslosigkeit. Perspektivlosigkeit.
Ja, die alte Ordnung, der alte Zusammenhalt ist brüchig geworden.

Das erinnert doch sehr stark an die prophetischen, an die mahnenden Worte unseres Papstes Franziskus. Wenn er in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“ die Ungerechtigkeiten in der heutigen Welt anprangert. Papst Franziskus und Johannes der Täufer hätten sich sicher gut verstanden.

Da ist aber auch eine andere Gruppe, die sich auf den Weg zu Johannes macht. Es ist eine seltsame Koalition von Pharisäern und Sadduzäern.
Da sind die Pharisäer: Das sind die Gelehrten, die beim Volk ja durchaus hoch angesehen sind, weil sie die heilige Schrift ernst nehmen und den Alltag heiligen möchten.
Und da sind die Sadduzäer, die reiche und elitäre Gruppe der Tempelpriester, durchaus machtbewusst. Sie wollen den Tempel unbedingt erhalten, auch wenn sie dafür mit den Herrschenden paktieren und zusammenarbeiten.
Was eint diese beiden? Auch sie kehren ja aus ihrer gewohnten Umgebung aus und gehen zu Johannes. Aber offensichtlich eher aus Neugierde. Zur Umkehr sind sie nicht bereit.
Vielleicht aus Hochmut, weil sie eh schon alles wissen? Nun, sie kennen die Schrift und die Tradition. Sie kennen ihren Gott.
Was will Ihnen da so jemand wie Johannes erzählen, selbst wenn er wie die Väter in der Wüste lebt und aus den Propheten zitieren kann.
Johannes aber durchschaut sie: Wo keine Umkehr ist, da zeigen sich auch nicht die Früchte der Umkehr. Wie ein Baum, der keine gute Frucht trägt und nur noch zum Verbrennen taugt.

Es ist aber gefährliche Botschaft, die Johannes hier äußert. Wie gefährlich, wird der Täufer schnell am eigenen Leibe erfahren: er wird verhaftet und eingekerkert und – später – getötet von den Herrschenden.

Wenn wir dieses Evangelium hören, dann soll das keine Erzählung aus frühen Tagen sein, in der wir etwas von Johannes erfahren. Oder etwas von einer ersten Theologie des Evangelisten Lukas, der noch ganz aus der Nähe zu Jesus lebt.
Nein, wir selbst sind gemeint. Das Gehörte soll zum Evangelium, zur frohen Botschaft auch für uns werden.

Aus-Kehren, Um-Kehren, Ein-Kehren
Auch wir sind dazu aufgerufen.
Und das beginnt dann auch bei diesen harten Gerichtsworten des Johannes.
Stellen wir uns also diesem An-Ruf des Täufers.

So spricht denn Johannes zu uns: "Wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt?"
Ja, Johannes, das wissen wir ja. Dass wir immer wieder scheitern, dass uns immer wieder misslingt, das Richtige zu tun.
Wir wissen, dass wir, um schuldig zu werden, nicht das Böse tun müssen. Nein, wie viel öfter ist es, dass wir das Gute unterlassen, das getan werden müsste. Ja, dass wir diesen Ruf des Augenblicks überhören, überhören, dass wir jetzt gefordert sind, überhören aus Bequemlichkeit oder aus Gedankenlosigkeit.

Und wieder spricht Johannes zu uns: "Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams machen."
Ja, Johannes, auch das wissen wir.
Wir wissen, dass Gott es ist, der in uns das Gute vollbringt, der in uns die Früchte der Umkehr wachsen lässt.
Ja, Gott ist es, der in uns das steinerne Herz umformt und - wie es so schön beim Propheten Ezechiel steht – es verwandelt in ein Herz aus Fleisch und Blut.

Und doch – wie schwer fällt es uns, inne zuhalten, los zu lassen, fällt es uns schwer umzukehren.


Ich möchte Sie / möchte uns deshalb einladen - nach einer kleinen Zeit der Besinnung und nach dem nächsten Lied – einladen zur Gewissenserforschung. Dabei werden uns die Karten helfen, die bei Ihnen in den Bänken ausliegen.

© Martin Kornelius