Das Evangelium, das wir gehört haben, atmet den Geist der jungen Kirche. Simon, den Jesus später "Petrus, den Felsen" nennen wird, wird zum Menschenfischer berufen: Menschen fischen für die Sache Jesu, für die junge Kirche. Simon ist der Prototyp, das Vorbild, das Urbild des christlichen Missionars: trotz aller Enttäuschung, dass die eigene Mühe und Arbeit keinen Erfolg bringen, lässt er sich von Jesus Christus rufen, es noch einmal und immer wieder zu versuchen. Auch gegen alle menschliche Logik vertraut er auf das Wort Jesu.
Und den Erfolg beschreibt Lukas im Evangelium so: "... und sie fingen eine so große Menge Fische, dass ihre Netze zu reißen drohten."
Das ist nicht nur das Wunder, dass, wenn Gott gibt, er dies überreichlich tut. Das ist auch die Erfahrung der jungen Kirche. Sie wächst so schnell, dass auch sie zu zerreißen droht, dass die Boote der jungen Gemeinden fast kentern.
Aus den Briefen des Apostels Paulus und aus der Apostelgeschichte, die Lukas der Evangelist geschrieben hat, wissen wir, wie groß die Konflikte am Anfang waren. Immer wieder schreibt Paulus an seine Gemeinden, redet sich den Mund "fusselig", wie wir sagen würden, um die Einheit der Gemeinden zu erhalten.
Paulus verweist auf das Fundament, auf dem der Glauben der jungen Gemeinde steht, auf Jesus Christus. Die Verse, die wir in der heutigen Lesung gehört haben, sind das älteste Glaubensbekenntnis, das wir kennen. Das ist auch das Fundament unseres Glaubens.
"Von jetzt an wirst du Menschen fangen", so spricht Jesus zu Simon. Simon soll also Menschenfischer werden.
Ich stelle mir Jesus als den ersten Menschenfischer vor. Er trifft auf Simon, der enttäuscht ist, dass seine viele Arbeit nichts gebracht hat.
Simon und seine Gefährten, so erfahren wir im Evangelium, sind Fischer, eine harte, manchmal auch gefährliche Arbeit. Denn der See kann tückisch sein, schnell braut sich da ein Sturm zusammen und überrascht die Fischer bei ihrer Arbeit.
"... wir haben die ganze Nacht gearbeitet...", lässt Lukas den Simon im Evangelium sagen.
Ja, natürlich, Fische werden nachts gefangen, das wissen Simon und seine Gefährten, das sagt ihnen ihre Erfahrung als Fischer. Nachts folgen die Fische ihrer Nahrung an die Wasseroberfläche, mit dem ersten Licht des Morgens verschwinden diese dann wieder in die Tiefen des Sees. So ist das eben, tagsüber zu fischen ist sinnlos.
Ja, wie enttäuschend muss es sein, wenn diese mühsame Arbeit keinen Erfolg bringt und die Netze eben leer bleiben – wie es Simon und seinen Gefährten im Evangelium geschehen ist.
Bei aller Enttäuschung müssen die Netze dann trotzdem gesäubert, vielleicht auch geflickt werden.
Aber Jesus als guter Menschenfischer macht ihnen Mut, ja fordert sie heraus, dass scheinbar Unmögliche zu versuchen: ".. werft eure Netze zum Fang aus!" Tagsüber? Noch einmal?
Aber das Evangelium meint natürlich auch mich, ist eine Einladung an mich, mein Leben im Lichte des Gehörten anzuschauen.
Und so spricht Jesus auch zu mir:
Ja, gib dich nicht der Enttäuschung hin, der Müdigkeit in deinem Herzen. Hab Mut, erneut hinauszufahren und deine Netze erneut auszuwerfen, noch einmal und immer wieder,
Ja, mehr noch, denn ich höre: "Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen."
Das meint ja zuerst mich selbst: immer wieder neu mein eigenes Menschsein einzufangen:
"... und sie fingen eine so große Menge, dass ihre Netze zu reißen drohten."
Ja, das ist unsere erste und grundlegende Berufung als Christ und als Mensch, dass wir das Leben haben und dass wir es in Fülle haben.
So gerufen, so ermutigt kann ein jeder von uns Menschenfischer auch für andere sein, ihr eigenes Menschsein einzufangen. Miteinander und füreinander.
Weil wir Jesus Christus begegnet sind, der unser aller Menschenfischer ist.
Weil wir an seiner Hand immer wieder neu unsere Netze auswerfen. Immer wieder neu beginnen.
Denn unser Herr und Gott ist ein Gott der Anfänge und ein Gott der Fülle. Deshalb lassen wir alles andere und folgen ihm nach.