Lesungstext Auslegung zu Joh 3,16-21
(Wortgottesdienst an Pfingstmontag 2019)

Warum wird Gott Mensch? Wir haben es eben gehört: aus Liebe. Wie Johannes schreibt:
„Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab.“

Dass Johannes auch von Hingabe spricht, verwundert uns nicht. Gott ist Liebe, Liebe, die sich vollkommen hingibt. Wir nennen dies auch Dreieinigkeit. Gott ist als Liebe der dreieine Gott:
• ganz Quelle der Liebe
• ganz hingebende Liebe, die den Geliebten im Sohn findet
• ganz Hingabe der Liebe, was wir Heiliger Geist nennen.

Und diese Liebe bleibt nicht bei sich selbst, sondern gibt sich auch der Welt hin. Gott wird Mensch, um mit uns zu sein, unter uns zu sein, um die Geliebten auch unter uns zu finden. Damit wir selbst in diese Liebe hineingenommen werden - und uns selbst hingeben können. Johannes fügt noch einen weiteren Gedanken hinzu: damit wir nicht verloren gehen. Er schreibt:
„Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat.“

Verloren gehen… Wir reden nicht von Sünde, noch nicht. Und wir reden auch noch nicht vom Kreuz.

Johannes wählt in seinem Evangelium 7 Wunder Jesu aus, die Zahl 7 zeigt, dass er sie sorgfältig ausgewählt hat. Zeichen, nennt sie Johannes und diese Zeichen zeigen die Liebe Gottes, die Hingabe Gottes. Die heutigen Verse des Evangeliums stehen nach dem ersten Zeichen, dem Weinwunder auf der Hochzeit zu Kana. Dieses Weinwunder ist wie eine Überschrift für das heutige Evangelium: Gottes Liebe will unser Leben in ein Fest verwandeln, in ein Hochzeitsfest. Das ist unser großes Ziel, das Fest des Lebens, das Hochzeitsfest des Lebens, das Gott selbst ist.
Wasser wird zu Wein, Wein wird zur Freude, in der Gott alles in allem sein wird.

Und doch kann dieses Ziel verloren gehen. Die Liebe Gottes, seine Hingabe, verhungert gleichsam in unserem Alltag, sie dünnt aus und wird kraftlos. Wir gehen verloren, weil wir träge und oberflächlich werden, weil unser Herz hart wird und wir den Menschen neben uns nicht mehr sehen, vielleicht auch nicht mehr sehen wollen, den Menschen, der uns zum Nächsten werden soll.

Jetzt reden wir von Sünde. Sünde ist, was uns vom Leben und der Liebe abschneidet, was uns das Vertrauen in Gott verlieren lässt, dass er es gut mit uns meint. Sünde ist, wenn wir nur noch uns selbst sehen
• nicht mehr den Menschen neben uns, der uns als Nächster gegeben ist
• nicht mehr die Schöpfung um uns, für die wir verantwortlich sind
• und auch nicht mehr Gott, der uns nahe ist.

Wie weit geht diese Hingabe Gottes?
Jetzt reden wir auch vom Kreuz. Gott gibt sich auch dem Tod hin, dem Tod am Kreuz. Bis in unsere letzte Verlorenheit hinein gibt sich unser Gott hin – in das letzte Dunkel, in das sich jeder von uns stürzen muss.
Warum tut Gott dies? Um uns aufzufangen, damit wir eben nicht verloren gehen, um uns zu retten in jeder Verlorenheit, auch die des Todes.

Johannes spricht vom Gericht, von der Finsternis, die die Menschen mehr lieben als das Licht. Von dem Bösen, das getan wird und in dieser Finsternis verbleibt. Das klingt sehr ernst. Und es ist ja auch sehr ernst. Denn es geht um unser Leben, um das Leben, das uns verheißen ist, um das Licht, das in uns aufbrechen möchte, um die Liebe, in der sich Gott uns hingeben möchte.

So sehr liebt Gott diese Welt, liebt uns Menschen, liebt mich, dass er sich ganz hingibt, sich nicht scheut, mich bis in meine Verlorenheit nachzugehen.
• Der ewige Gott gibt sich in die Zeit
• Das ewige Licht, das alles erhellt, gibt sich in das Dunkel
• Das Leben in Fülle gibt sich in den Tod

Welch ein Gott!
Was können wir dann anderes tun, als an ihn, Christus, zu glauben, ihm zu vertrauen und ihn anzunehmen, unseren Herrn und Gott? Denn zu wem sollten wir sonst gehen?

© Martin Kornelius