Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt ihr? - so haben wir das eben gehört.
Eine erstaunliche Frage, erstaunlich banal, oder? – Wenn man bedenkt, dass dies, im Evangelium des Johannes, die ersten Worte Jesu sind. Besser verständlich wird das Ganze, wenn wir näher am griechischen Original übersetzen. Dann fragt Jesus: Was sucht ihr.
„Suchen“ - für den Evangelisten Johannes bündelt sich in diesem Wort vieles, was er über Heil und Erlösung des Menschen und über die Zuwendung Gottes aussagen möchte.
Was sucht ihr. Ja, wir Menschen sind von einer tiefen Sehnsucht geprägt nach Leben, Ganzheit, Sehsucht nach innerem Frieden und Erfüllung, christlich gesprochen: nach Heil.
Was sucht ihr. Und auch Gott ist voller Sehnsucht. Sehnsucht, seinem Geschöpf dieses Heil zu schenken.
Im Suchen, in dieser Sehnsucht treffen sich Gott und Mensch.
Ja, die beiden Jünger sind auf der Suche; und Johannes der Täufer konnte ihnen das, was sie suchen, nicht geben. Aber der Täufer weist auf Jesus hin: Seht, das Lamm Gottes. Und die Jünger? Sie reagieren und folgen Jesus nach.
Wie antworten die Jünger auf die Frage Jesu, was sie denn suchen?
Nun, sie nehmen die Frage Jesu auf und antworten mit einer Gegenfrage: Wo wohnst du? Auch hier sollten wir das griechische Original genauer anschauen. Treffender übersetzt lautet es hier: Wo bleibst du?
Im Sinne von: Wo hast du deine Bleibe? Deinen Halt in diesem Leben? Woran hängt dein Herz, wo ist die Mitte deines Lebens?
Als sich Jesus umdreht zu den beiden Jüngern, erkennt er sie sofort als Suchende.
Und die Jünger erkennen Jesus als den, den sie fragen können, nach dem, worin sie eine Bleibe finden könnten.
Und nun Jesus? Er antwortet nicht mit Erklärungen, nicht mit lehrreichen Sätzen oder gar mit einer Predigt. Nein, er lädt die Jünger schlicht ein:
Kommt und seht.
Kommt und seht, woraus ich lebe. Seht, wo meine Bleibe ist.
Und Johannes berichtet weiter: Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm.
Was haben die Jünger gesehen, dass sie nun bei ihm bleiben? Das wird nicht mehr gesagt. Aber sie werden ihm nachfolgen, bis nach Jerusalem und darüber hinaus. Ihr Leben lang.
Wie bei diesen beiden Jüngern wendet sich Jesus auch jedem Einzelnen von uns zu, hier und jetzt. Er blickt jeden Einzelnen von uns an und fragt:
Was suchst du?
Was antworten wir? Spüren wir denn noch unsere eigene Unruhe tief im Herzen, unsere eigene Sehnsucht? Spüren wir unsere Sehnsucht nach Leben - und Heil? Das ist die Sehnsucht, die in Unruhe versetzt. Eine Sehnsucht nach dem, was wir weder uns selbst geben können noch irgendetwas anderes in dieser Welt.
Oder betäuben wir vorschnell diese Unruhe mit Arbeit und Geschäftigkeit, mit Fernsehen und Geplauder, Einkaufen, Aufräumen, Wäsche...
Das ist auch nur der erste Schritt. Jesus spricht auch zu jedem von uns:
Komm und sieh.
Bin ich bereit, seiner Einladung zu folgen? Seinem Ruf zu folgen?
Ja, bin ich bereit, mein Leben danach auszurichten, dieser Sehnsucht in mir Raum zu geben? Diese innere Unruhe als Berufung zum Leben zu erkennen? Als Berufung zur meiner ganz eigenen Art der Nachfolge?
Denn auch ich bin ja gefragt, wo ich meine Bleibe habe. Ob offen ausgesprochen oder indirekt durch mein Handeln und mein Leben: wird diese Berufung zum Leben sichtbar? Und lädt dann selbst wieder andere ein, sich auf den Weg zu machen?
Seht, wo mein Leben seine Bleibe hat.
Der Ruf Jesu erreicht mich, unter seinem Blick spüre ich, wer ich sein kann. Unter seinem Blick spüre ich, dass die Unruhe in mir Sehnsucht nach Leben ist, Berufung zum Leben ist. Jesus möchte, dass ich meine Bleibe finde, er ist meine Bleibe, er, der seine Bleibe in Gott hat, im Vater.
Kommt und sieh, spricht der Herr.
Ja, Jesus, ich folge dir nach.