Im Jahre 1820 bekam der Mathematiker Karl Friedrich Gauß
den Auftrag, das Königreich Hannover zu vermessen. Er musste dazu neue
Messinstrumente entwickeln und die Theorie der gekrümmten Flächen. Auf
diesen Arbeiten beruhen unsere Überlegungen dieser Geschichte von
Flachland.
Gauß erkannte, dass die Euklidische Geometrie in einer solchen
Landschaft nicht mehr gültig sein konnte. Die Oberfläche der Landschaft
musste deshalb, wie er es nannte, nichteuklidisch sein (wie ja auch
Flachland in der Nähe des Objektes). Er entdeckte eine Methode, die
Abweichung für jeden Ort dieser Fläche von einer Fläche mit
Euklidischer Geometrie anzugeben. Gauß nannte sie "theorema egregium", das "hervorragende Theorem".
Ein zentraler Begriff in dieser Methode ist der der Krümmung.
Schon früh vermutete Gauß, dass auch der uns umgebende Raum nichteuklidisch sein könne.
So meint er 1817:
"Vielleicht werden in einer anderen Welt andere Einsichten in die Natur
des Raumes gewonnen, die uns gegenwärtig verschlossen sind. Einstweilen
müssen wir die Geometrie nicht auf eine Stufe stellen mit der
Arithmetik, die rein logisch ist, sondern mit der Mechanik, die eine
Erfahrungswissenschaft ist."
(zitiert nach: Harrison, Edward R.: Kosmologie. Die
Wissenschaft vom Universum. Aus d. Amerik. von Helma und Günther
Schwarz. Darmstadt 1983, Seite 248)
Gauß' Schüler Georg Friedrich Riemann nahm diese
Überlegungen auf und erweiterte sie auf beliebig viele Dimensionen. In
einem vier-dimensionalen Raum, so erkannte er, sind bis zu 10
Maßfaktoren nötig, um die Raumgeometrie in den Griff zu bekommen. Was
die Gaußsche Krümmung für die zweidimensionale Oberfläche, das ist
diese Riemannsche Krümmung für die vierdimensionale Raumzeit.
Wie Gauß vermutete auch Riemann, dass seine mathematische Theorie
tatsächlich etwas mit der Geometrie der Welt zu tun haben könnte. Aber
die Zeit war noch nicht reif für solche Ideen.
So schließt er im Jahr 1854 seine Göttinger Antrittsvorlesung:
"Dies führt uns in den Bereich einer anderen Naturwissenschaft, der
Physik, worauf einzugehen uns der Gegenstand dieser Arbeit heute nicht
erlaubt."
(G. F. Riemann: Über die Hypothesen, die die Grundlage der Geometrie bilden; zitiert nach Harrison: Kosmologie. 1983, Seite 244)
Albert Einstein schließlich verknüpfte diese geometrischen Überlegungen mit den Erscheinungen der Gravitation. Von 1911 bis 1916 entwickelte er die Vorstellungen einer neuen Gravitationstheorie. Ihm verdanken wir das neue Bild der Raumzeit, die die Eigenschaft hat, dehnbar zu sein. Diese Eigenschaft heißt auch, im Rückgriff auf die Arbeiten von Gauß und Riemann, die Krümmung der Raumzeit.